„Solidarität, Sehnsucht und ein bisschen Realitätsflucht“: David Novell im Interview über seine neue Single

Zwischen Ost-Charme und Kiezkneipen-Romantik veröffentlichte David Novell seine neue Single „Weltraumarmee“. Mit einer außergewöhnlichen Kombination aus Hip-Hop und NDW-Sounds hat der Leipziger Künstler seine eigene Nische gefunden – Neue Neue Deutsche Welle oder „80er, 90er und das Beste von heute“, wie er es selbst nennt. Wir haben nun mit David Novell im Interview über seine Musik gesprochen und er hat uns mehr über „Weltraumarmee“, seine Inspiration und seine kommenden Pläne erzählt.

 

„David Novell“ – wie ist dein Künstlername entstanden?

David Novell: Zum einen ist David mein Vorname. Ich kann mich zwar mit vielen Dingen, die einem durch Geburt oder Gesellschaft zugewiesen werden, nicht identifizieren, aber „David“ mag ich ganz gerne. Novell hingegen würde ich mit „ungewöhnlich“, „unerwartet“ oder „noch nicht da gewesen“ übersetzen. Also ist „David Novell“ die Verbindung des Gewohnten, mein Vorname und dem Unerwarteten. Ich denke, ich bin gut darin, mich immer wieder neu zu erfinden und das drückt der Name treffend aus.

Welcher Rapper und welcher NDW-Sänger haben dich geprägt, um diese Nische zwischen Hip-Hop und NDW-Indie-Sound zu entwickeln?

David Novell: Im Hip-Hop habe ich viele Inspirationen – über die Zeiten und Hotspots hinweg, ob Oldschool Vibes oder moderner Rap. Egal ob New York, Atlanta, South London oder Cape Town. Aber auch aus der ganzen Late 70s und Early 80s New Wave Bewegung gibt es viele Artists und Bands, die mich geprägt haben. Für „Weltraumarmee“ war „Goldener Reiter“ von Joachim Witt eine große Inspiration. Ich habe den Song als Kind manchmal mit meinem Dad im Auto gehört, genau so wie Bronski Beat – „Smalltown Boy“. Ich glaube mein Dad übt heute noch manchmal heimlich im Auto diese hohe Stimme von Jimmy Somerville.

Generell connecte ich oft mit Musik, bei der es um die Perspektiven von „Außenseitern“ oder im weitesten Sinne das Gefühl der Entfremdung geht. „Irgendwo nicht hineinzupassen“ – dieses Feeling zieht sich eigentlich durch mein ganzes Leben und ist daher vermutlich meine stärkste Inspiration.

Alle reden über Leipzig, mittlerweile „Hypezig“ genannt. Du lebst dort seit 10 Jahren. Wie nimmt die Stadt deine Person und deine Musik auf? Sind sie bereit für die Weiterentwicklung zweier Genres?

David Novell: Also manche sagen ja, dass Leipzig voll der Hotspot für junge Artists ist. Andere sagen das Gegenteil und auch hier kämpfen viele Projekte mit steigenden Mieten und Druck von Investoren. Spätestens seit Corona macht der Begriff „Hypezig“ auch nicht mehr wirklich Sinn, da der Zuzug erstmals stagnierte und nun langsamer läuft als vorher.

Richtig in eine Stadt einzutauchen gelingt nicht, wenn du nur mal kurz zum Studieren herkommst. Ich habe da mittlerweile schon so einiges miterlebt. Da gehören die besseren und die schwereren Zeiten dazu. Genauso ist es bei meiner Musik – nicht jede Innovation wird gleich gut aufgenommen. Ich denke, generell gelte ich als umtriebig und gut vernetzt. Die bisherige Resonanz auf mein neues Projekt ist durchweg positiv. Was die Genres angeht, die lösen sich ja heute sowieso immer mehr auf. So wie die Stadt, in der du wohnst, auch nicht mehr so wichtig ist, um Menschen mit deiner Musik zu erreichen.

Du hast 2019 deinen Abschluss in Kommunikationswissenschaft und Philosophie gemacht, inwiefern beeinflusst das deine Texte?

David Novell: Ich habe einen akademischen Abschluss, aber die meisten aus meiner Familie sind keine Akademiker:innen. Ich denke, ich kann mich eloquent ausdrücken, jedoch gefällt mir der ungezwungenere Ton oft besser. Menschen, die andere aufgrund ihres sprachlichen Backgrounds abstempeln, sei es nun zum Beispiel aufgrund von Migration oder der sozialen Schicht, sind mir zuwider.

Was bedeutet der Song „Weltraumarmee“ für dich und wie ist er entstanden?

David Novell: Bei „Weltraumarmee“ geht es grob zusammengefasst um die Schlagwörter Solidarität, Sehnsucht und ein bisschen Realitätsflucht. Exzess ist die eine Sache. Der Song greift auch den Leipziger Ost-Charme aus Soli-Bars und kleinen Ladenprojekten auf, in denen man sich miteinander für soziale Zwecke solidarisiert.

Und dann ist da der „Weltraum“ als Bild für den Ausbruch aus dem Gewöhnlichen – die Sehnsucht nach einer anderen Welt – das kennen und wollen viele. Gleichzeitig ist da dieser Widerspruch, den zum Beispiel auch Böhmermann kürzlich in seiner Neo-Sendung zur Privatisierung des Alls durch mächtige Investoren wie Musk oder Bezos gut beschrieben hat. Der Weltraum ist eine schöne Projektionsfläche für Anleger, aber eigentlich ist auch das All schon wieder aufgeteilt, ohne dass die Menschen gefragt wurden. Jemand, der reich genug ist, kann von der Erde aus Anspruch auf diesen Platz stellen. Überlasst den Weltraum keinen machtgeilen Großinvestoren!

Zu guter Letzt: Mit welchen drei Worten würden dich deine Freunde beschreiben?

David Novell: Meine Freunde würden mich natürlich als jung, sexy und gutaussehend beschreiben. Oder alternativ als wissbegierig, empathisch und humorvoll. Ich denke, ich kann auch manchmal anstrengend sein, aber Leute, denen ich too much bin, sind zum Glück nicht mehr in meinem Freundeskreis!

Wie geht es jetzt bei dir weiter? Hast du schon neue Releases in Planung?

David Novell: Am 04. November 2021 erscheint meine nächste Single „Showrunner“. Das Musikvideo ist zusammen mit einer künstlichen Intelligenz entstanden. Diese neuen Weisen der Bildkreation eröffnen der Kunst bislang ungeahnte Möglichkeiten und hinterfragen diese gleichzeitig.

 

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