Live Auftritte, persönliche Themen und neue Musik: Matterhurt im Interview

Die schweizerische Band Matterhurt aus St. Gallen veröffentlichte vor fast zwei Wochen ihr Debüt-Album „A Paucity Of Instinct“. Das Album umfasst zehn Songs, darunter vier komplett neu aufgenommene Tracks und sechs bereits bekannte Songs aus der EP „The Hunch“ und markierte einen besonderen Meilenstein für die Band. Wir haben den Lead Sänger Jonathan zum Interview bei uns eingeladen.

Wie würdest du dich oder deine Band in drei Worten beschreiben?

Matterhurt: Perfektionistisch, ehrlich, weird.

Wie war es für dich, über eine so persönliche Erfahrung wie den Verlust eines deiner besten Freunde zu singen? Wie war die Entscheidung, das zu veröffentlichen?

Matterhurt:
Ich mache in erster Linie nicht für andere Menschen Musik, sondern für mich selbst. Die Musik ist der Ort, an dem ich Erlebtes oder Erfahrenes am besten verarbeiten kann. Dadurch bespiele ich natürlich automatisch die gesamte Palette der Emotionen, seien es die höchsten Hochs oder tiefsten Tiefs. Dass ein so einschneidendes Erlebnis, wie der Verlust eines Freundes hier reingehört ist somit keine bewusste Entscheidung gewesen, sondern war für mich eine Notwendigkeit, um mit dem Verlust umgehen zu können. Damit Musik ehrlich und nicht belanglos ist, gehören Emotionen, möglichst ungefiltert, zu dem, was Kunst letztlich spannend und überdauernd macht. Was andere Menschen jetzt daraus machen, darauf habe ich keinen Einfluss – und das ist ja auch das Schöne daran.

Kannst du uns etwas über deinen persönlichen kreativen Prozess beim Songwriting und der Produktion erzählen? Gibt es bestimmte Rituale oder Inspirationsquellen, die du verwendest?

Matterhurt: Sobald ich mich während meinem sehr zehrenden „echten“ Job dazu aufraffen kann, in mein kleines Homestudio zu sitzen und die Gitarre in die Hand zu nehmen, ist dabei noch immer irgendetwas entstanden. Dann ist es für mich wichtig, erst einmal prinzipiell jeder Idee eine echte Chance zu geben und sie erst dann definitiv zu verwerfen, wenn sie einigermassen ausgearbeitet wurde. Ich habe einen recht schnellen Workflow – wenn ich Dinge, die ich gerade in meinem Kopf höre, nicht sofort umsetzen kann, ist das der Worst-Case. Ich stelle mir ausserdem gerne vor, dass sämtliche Musik, die ich jemals gehört habe in meinem Kopf dann irgendwie zu dem zusammenschmilzt, was dann am Ende als Matterhurt-Song herauskommt. Eine nicht enden wollende Inspirationsquelle, die diverser kaum sein könnte.

Gibt es bestimmte Tracks oder Texte auf dem Album, die dir besonders am Herzen liegen, und wenn ja, warum?

Matterhurt: Ich weiss nicht, ob das anderen Künstler:innen auch so geht, aber mit der Zeit distanziere ich mich von meinen eigenen Songs. Ich höre sie dann fast, als ob sie von einem mir unbekannten Künstler sind. Ist da am Anfang jeweils immer ein unvergleichliches Glücksgefühl, wenn man etwas erschaffen hat, das einem selbst gefällt, ist die weitere Umsetzung meist so Zeit- und Energieaufwändig, dass man sich ein stückweit von seinem eigenen Werk distanzieren muss, um es irgendwann nicht komplett scheisse zu finden. Verschiedene Songs liegen mir aus verschiedenen Gründen am Herzen, auf alle bin ich ehrlicherweise sehr stolz und zufrieden, wie sie inzwischen klingen.

Warum habt ihr euch entschieden, aus der EP ein Album zu machen? Das sieht man ja nicht so häufig, dass ein fertiges Projekt noch einmal aufgegriffen wird.

Matterhurt: Die Antwort darauf ist ganz einfach, wie auch pragmatisch: Ich hab mir gedacht, dass man ein ganzes Album wohl leichter Promoten könnte als zwei einzelne EP’s. Für ein ganzes, „echtes“ Album hat das Geld zum jeweiligen Zeitpunkt schlicht nicht gereicht.

Wie erlebt ihr die Dynamik und Chemie innerhalb der Band während der Zusammenarbeit und kreativen Prozesse, und wie trägt dies zur Entwicklung eures Sounds und eurer Musik bei?

Matterhurt: Ehrlicherweise bringe ich (Jonathan) den anderen Bandmitgliedern bis zum jetzigen Zeitpunkt jeweils einen komplett fertigen und auskomponierten Song. Allerdings haben meine Mitmusiker dann bei der Umsetzung komplette Narrenfreiheit (zumindest bis mir etwas ganz und gar nicht gefällt… :D). Bei den ersten Proben des neuen Songs ist es dann oft so, dass man schnell merkt, ob die Sachen, die ich mir auf der Demo überlegt habe auch als Band umsetzbar sind und oftmals werden dann noch Anpassungen oder Änderungen vorgenommen. Allerdings ist es so, dass ich meiner Band musikalisch voll und ganz vertraue, wir alle haben Schwächen, wie jede:r Musiker:in aber im Grossen und Ganzen harmonieren wir exzellent und ziehen oft auch in den typischen Bandfragen (wie machen wir das und das, was gehen wir als Nächstes an) am selben Strang – und dafür bin ich unendlich dankbar.

Habt ihr schon Pläne für Live-Auftritte? Und wenn ja, könnt ihr uns mehr darüber erzählen?

Matterhurt: Letztes Jahr spielten wir bereits etwa 10 Gigs in der näheren Umgebung. Ein lang gehegter Traum von einigen von uns ist es, mal eine richtige „Tour“ mitzumachen, vielleicht als Vorband für eine etwas grössere Band. Auch dieses Jahr werden wieder vereinzelte Konzerte vom Laster fallen – aber primär bin ich schon wieder neue musikalische Projekte am Ausloten und ausprobieren. Die Studioarbeit gibt mir persönlich aktuell irgendwie mehr als Live-Auftritte, das weisse Blatt, das gerade vor mir liegt, reizt mich enorm.

Für weitere Informationen:
Laila Bahaaeldin | macheete
E-Mail: presse@macheete.com