Katja von Bauske im Interview über Musik, Reisen, Freiheit und Menschlichkeit

Erst kürzlich veröffentlichte die Sängerin und Songwriterin Katja von Bauske ihr Album „Projekt Weltweit“. Durch ihren Job als Flugbegleiterin ist sie auf der ganzen Welt unterwegs und hat jeden ihrer Songs des acht Tracks starken Albums in einem anderen Winkel dieser Erde aufgenommen. Jetzt hat Katja von Bauske im Interview mit uns darüber gesprochen, wie sie ihre Musik und ihren Beruf als Flugbegleiterin unter einen Hut bekommt und wo ihre Reise in Zukunft hingehen soll. Gerne stellen wir euch das Interview lizenzfrei zur Verfügung.

 

Als Flugbegleiterin bist du auf der ganzen Welt unterwegs. Wie bist du auf die Idee gekommen, deine Musik mitzunehmen?

Katja von Bauske: Ich habe schon vor meinem Beruf als Flugbegleiterin Musik gemacht und mich darin stetig weitergebildet. Neben jahrelangem privaten Gesangsunterricht besuchte ich eine Gesangsschule und studierte vier Semester Musiktherapie. Mit der Fliegerei habe ich erst 2014 begonnen. Uns wurde ein Teilzeitmodell aus sechs Monate fliegen und sechs Monate frei angeboten. Die erste flugfreie Phase nutzte ich, um Hauptfach Gesang an der Hamburg School of Music und zusätzlich parallel Musikwissenschaften an der Uni Hamburg zu studieren. Als mein zweiter Flugblock wieder starten sollte, hatte ich Sorge, nun kaum noch zum Üben und Studieren zu kommen. Aus diesem Grund nahm ich die Gitarre auf meinen Flügen mit.

Für dein kürzlich erschienenes Album „Projekt Weltweit“ hast du jeden Song an einem anderen Ort aufgenommen. Wie ist die Entscheidung gefallen, wo du welchen Song aufnimmst?

Katja von Bauske: Einige Songs hatte ich direkt an den Orten oder kurz danach geschrieben. Ich habe persönliche Erlebnisse und Beobachtungen in den Text und den Song mit einfließen lassen. Somit ist eine direkte Verbindung zu den Orten entstanden. Das ist zum Beispiel bei den Songs „Bazaar Café“ aus San Francisco, „Wimpernschlag“ aus Peking und Shanghai und „L’amour est Libre à Paris“ aus Paris der Fall.

Bei den anderen Songs besteht eher eine indirekte Verbindung zu Orten. So habe ich zum Beispiel den Song „Starten und Landen“ kurz vor meinem ersten Einsatz als Flugbegleiterin in der S-Bahn in München geschrieben, um mich zu beruhigen und entspannen. Dieser Song ist für mich ein absoluter Türöffner- und Mutmachersong. Er war es auch, den ich in 2017 mit einer Streetband in Seoul in Südkorea spontan performt habe, was mich wiederum später auf die Idee brachte, mein Album weltweit aufzunehmen. Und da ich in Seoul mit den Aufnahmen für „Projekt Weltweit“ startete, musste es natürlich der Song „Starten und Landen“ sein.

Woher nimmst du die Inspiration für die Texte, die Geschichten hinter deinen Songs?

Katja von Bauske: Das ist relativ unterschiedlich. Durch die Fliegerei hat sich meine Erlebnisdichte natürlich um ein Vielfaches erhöht und das wollte verarbeitet werden. Es waren jedes Mal andere Kollegen dabei wodurch sich einmalige Begegnungen und Geschichten ergaben, die ich auf Flügen erleben durfte. Im Abgleich mit meinen persönlichen Wahrnehmungen, Sichtweisen und meiner eigenen Historie lieferte dies als Gesamtpaket den nötigen Stoff. Aber natürlich wird nicht aus jedem Text ein Song. Der Moment, wenn dann zu einem Text die Musik hinzukommt öffnet sich ein neuer Raum und das jeweilige Bedeutungsspektrum hinter den Worten erweitert und vertieft sich. Dieser Prozess ist für mich am spannendsten.

Und wie findest du dann die passende Komposition zu deinen Texten?

Katja von Bauske: Woher ich das musikalische nehme, ist mir auch nicht immer ganz klar. Ich habe zwar Kenntnisse über die Harmonielehre, aber das Songwriting an sich hat mir keiner beigebracht. Während der Komposition folge ich dem, was sich für mich am besten anfühlt. Zu Beginn habe ich in der Regel keine Ahnung in welche Richtung der Song sich entwickeln möchte. Generell glaube ich, wenn es darum geht Songs schreiben zu wollen, braucht man einen inneren Antrieb, dass man etwas über die Musik ausdrücken möchte.

Die Aufnahmen im Studio machst du mit lokalen Musikern vor Ort. Wie sieht so ein Entstehungsprozess aus?

Katja von Bauske: Das war ziemlich spannend. Ich wusste zu Beginn der Studioaufnahmen überhaupt nicht, wie der Song am Ende klingen würde. Ich habe vorab bewusst den Musikern Raum für ihre eigenen Impulse für den Song gegeben. Sie bekamen eine Aufnahme des Songs und ein Leadsheet mit Akkorden. Zum Teil habe ich die Musiker das erste Mal im Studio kennengelernt. Ich habe kurz etwas über den Song erzählt, worum es geht und welche Stimmung ich mir wünsche. Es ist erstaunlich, wie gut das jedes Mal geklappt hat. Sogar viel besser als erwartet. Der Ablauf der Aufnahmen war in der Regel so, dass zuerst die Drums gemeinsam mit dem Bass, dann meine Gitarrenspur, anschließend die zusätzlichen Instrumente und meist zum Schluss mein Gesang aufgenommen wurden. Für die Aufnahmen hatten wir jeweils nur einen Tag zur Verfügung. Das war mit einer Zeitverschiebung von teilweise bis zu neun Stunden mitunter eine echte Herausforderung.

Deine aktuelle Single „Wimpernschlag“ und das Musikvideo dazu hast du in China aufgenommen. Was verbindest du mit diesem Song?

Katja von Bauske: Mit diesem Song verbinde ich Freiheit. Die Inspiration zum Song kam mir nach meinem ersten Besuch in der Verbotenen Stadt in Peking. Da ich im selben Monat beruflich auch nach Moskau, Ankara und Saudi Arabien geschickt wurde, habe ich diesen Monat liebevoll meinen persönlichen Anti-Demokratie-Monat getauft. Ich habe einen Teil meiner Kindheit in der DDR verbracht und ein System miterlebt, dass die Rechte der Bevölkerung beschnitten hat. Daraus erwuchs in mir ein starker Freiheitsdrang und der Wunsch nach einer Welt, in der Frieden, Freiheit und Menschlichkeit nicht nur Floskeln sind, sondern tief verankerte Werte im wertschätzenden gesellschaftlichen Miteinander. Über den Song möchte ich quasi eine Art Selbstermächtigung transportieren, in der sich jede oder jeder Einzelne fragen darf, was für eine Welt man sich denn für sich selbst und andere erwünscht. Musikalisch erklingt diese wachsende innere Stärke und Verbundenheit mit sich selbst im übertragenen Sinne durch die OHM-chantenden tibetischen Mönche im Mittelteil des Songs.

Gibt es einen Song auf deinem Album, der dir persönlich am besten gefällt oder dir am meisten bedeutet?

Katja von Bauske: Das ist der Song „Kleine Weile“. Er führt an eine persönliche Wunde in mir und meiner Vergangenheit heran und ist im Grunde autobiografisch. Ich bin sehr dankbar, dass ich durch ihn einen Teil verarbeiten konnte und hoffe, dass er auch für viele andere eine Heilquelle sein kann, damit ein Stück weit eigene Themen verarbeitet werden können. Diesen Song habe ich auf Island mit Musikern wie der Oskarpreisträgerin Markéta Irglóva, aufgenommen. Die sensitive und leicht melancholische Stimmung, die man vielfach in isländischer Musik wiederfindet, drückt die Thematik und Fragilität genau aus.

Was können in diesem Jahr noch von dir erwarten?

Katja von Bauske: Aktuell plane ich noch drei weitere Single-Auskopplungen mit je einem Musikvideo aus dem Album „Projekt Weltweit“. Und wenn alles klappt, findet das Releasekonzert am 08.10.2020 im Stage Club in Hamburg mit Band statt, da der ursprüngliche Termin Ende März verschoben werden musste. Super wäre, wenn ich noch ein paar Tourtermine mit Band für Herbst 2020 rein bekomme. Dazwischen stehen noch ein paar Solo-Konzerte von Juli bis August 2020 an. Ab Ende des Jahres möchte ich dann das zweite Album planen, welches ich diesmal komplett auf Island produzieren möchte. Wieder mit den gleichen Musikern, wie bei dem Song „Kleine Weile“. Darauf freue mich jetzt schon extrem!

Gibt es etwas, das du deinen Fans mit auf den Weg geben möchtest?

Katja von Bauske: Ein guter Kompass für deinen eigenen Weg ist dein Bauch, dein Gefühl. Lass Dich nicht verunsichern und bleib in deiner Mitte. Es braucht oft einen langen Atem für eine Sache, die dir wichtig ist, doch auch mit Babyschritten kommst du weiter – und auch an.

 

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