Mit der EP „ANIMA“ veröffentlichte die Sängerin und Komponistin Julia Miller-Lissner Musik, die die Seele berührt. Heute erscheint das Musikvideo zur Single „Doroshka“. Ein ganz besonderer Song, in dem Julia von einer Seele erzählt, die durch eine schwere Zeit gehen muss, um sich selbst zu heilen. Symbolisch dafür trifft im Video eine alte Frau auf einen verlorenen Planeten. Sie sammelt ihre ganze Kraft und macht sich mit ihm auf den Weg, um ihn wieder auf die richtige Bahn zu bringen. Gerade in Zeiten des Coronavirus bekommt der Song und das Video eine ganz neue Dimension. Wir haben die Komponistin und Sängerin zum Interview getroffen und mit ihr über ihr neues Musikvideo zur Single „Doroshka“ und ihre wundervolle Musik gesprochen.
Geboren und aufgewachsen bist du in Russland und bist erst als Jugendliche nach Deutschland gekommen. Bist du immer noch stark mit Russland verbunden?
Julia: Ich bin mit Russland verbunden. Wieder. Nachdem ich in Deutschland angekommen bin, waren die Zeiten noch ohne Internet. Da war die seelische Verbindung sehr stark, meine Freunde und meine Oma waren noch dort. Sie waren meine Welt und nun konnte ich nicht mehr mit ihnen reden, alleine das Telefonieren hat uns ein Vermögen gekostet. Und die Tickets nach Russland waren unerschwinglich. Aber ich bin jedes Jahr im Sommer hingefahren. Dafür habe die ganzen Sommerferien gearbeitet und für die Reise gespart. Heutzutage sind wir mehr verbunden als damals. Wir schreiben uns, besuchen uns so oft es geht. Und meine beruflichen Kontakte sind extrem stark mit Russland verbunden. Ich arbeite mit russischen Regisseuren, Kameraleuten und Musikern. Ich liebe den Gedanken, in zwei Ländern zu Hause sein zu können, wobei mein richtiges Zuhause gar klar Deutschland geworden ist.
Wusstest du damals schon, dass du gerne professionell Musik machen möchtest?
Julia: Gesungen habe ich, seit ich drei Jahre alt war. Dass ich daraus einen Beruf machen möchte, war recht schnell klar. Aber ich wusste nicht, wie ich meine beiden Säulen Schauspiel und Gesang in einem Beruf verbinden sollte. Dann kam ich mit 18 auf die Idee, auf eine Musicalschule zu gehen. Ich persönlich kann mit Musicals recht wenig anfangen. Das habe ich auch recht schnell gespürt, aber meine Schule und meine Lehrer waren absolut großartig und deshalb habe ich mich auf das konzentriert, was ich lernen wollte: Gesang und Schauspiel. Die ganze Musicalsache habe ich zur Seite geschoben. Am Ende habe ich ein Riesenspektrum an Ausdrucksmöglichkeiten bekommen, von dem ich bis heute zehre.
Die EP „ANIMA“ ist deine erste Veröffentlichung abseits der Musik für Kinder. Wie kam es dazu, dass du jetzt erwachsenere Musik machst?
Julia: Die Musik für Kinder hat nicht mehr als Ausdruck meiner Kreativität ausgereicht. Eines Tages, nach einem sehr großen Umbruch in meinem Leben sind in mir sehr tief gehende Songs entstanden, bei den ich aber nicht dachte, dass sie jemals veröffentlicht werden. Ich habe sie erstmal einfach so geschrieben, habe sie auf meinen Social Media Kanälen veröffentlicht und dann kam der Plattendeal.
Hast du Kindermusik jetzt ganz an den Nagel gehängt?
Julia: Niemals. Ich liebe meine Schüler, meine Kindermusik, meine Kinderkonzerte. Das ist die Insel, die immer schön, bunt und kraftgebend ist. Ich schenke den Kids Freude und sie geben mir einen Haufen Liebe zurück. Seit einer Woche hat meine Kindermusik einen ganz revolutionären neuen Rahmen bekommen. Aufgrund von Corona haben alle Kitas, Musikschulen und andere Einrichtungen geschlossen. Ich wusste, ich muss zum einen meine Existenz retten, weil meine Musikschule nun für fünf Wochen geschlossen hat und zum anderen wollte ich meinen Schülern trotzdem irgendwie meine Musikstunden bieten. Das muss doch irgendwie gehen, dachte ich.
Also habe ich letzten Freitag beschlossen täglich 30 Minuten Musikschule auf meinem YouTubeKanal „Julia Miller-Lissner – Kindermusik vom Feinsten“ anzubieten. Das habe ich auf Facebook und Instagram veröffentlicht und beschlossen, es für alle Familien öffentlich zu machen, da die gerade mit ihren Kids zu Hause sitzen müssen. Das ganze ist so explodiert, dass innerhalb von fünf Tagen 21.000 Familien dazugekommen sind. Das ist verrückt. Sie schreiben mir alle und bedanken sich für diese wertvolle Zeit, die ich ihnen in diesen harten Zeiten schenke. Und ich glaube, das ist erst der Anfang.
Gerade erst ist das Video zu deiner Single „Doroshka“ erschienen. Wovon handelt der Song, den du auf Russisch singst?
Julia: Eigentlich handelt er von einer Seele, die durch schwere Zeiten gehen muss, um sich zu heilen. Manchmal gibt es in unserem Leben einen Augenblick, der alles verändert. Dann muss man wieder aufstehen und um sein Leben und seine Seele kämpfen, damit sie wieder geheilt ist.
In Zeiten von Corona gewinnt der Song und damit auch das Video eine ganz neue Dimension. Unsere Erde ist krank, sie muss wieder Heilung erfahren und wir sind dafür zuständig. So sieht man im Video diese alte Frau, die den Planeten auffängt, der aus seiner Bahn fliegt. Sie sammelt die letzte Kraft und geht durch alle Stürme hindurch, um ihn wieder dort hinzubringen, wo er hingehört. Und dadurch wird auch sie selbst geheilt.
In deinen Songs stecken viele Emotionen, die beim Hören die Seele berühren. Woher nimmst du die Inspiration für deine Texte und Kompositionen?
Julia: Aus meiner Seele. Die Worte kommen einfach und dann beginnt die harte Arbeit des Dichtens. Die Kompositionen entstehen meistens durch Improvisation, die ich dann wieder ganz strukturiert ordne und zu einem Lied stricke. Also als erstes küsst mich die Muse und dann wird knallhart gearbeitet. Es sind eher Theaterstücke als Songs. Sie haben eine Dramaturgie, die eher ungewöhnlich für Musik ist, aber so ist es bei mir. Meine jahrelange Theaterarbeit hat mich auch hier sehr beeinflusst. Dadurch erleben die Zuhörer kleine musikalische Filme, ganze Welten und Geschichten in viereinhalb Minuten.
Hast du ein Lieblingslied auf der EP oder gibt es einen Song, der dir besonders viel bedeutet?
Julia: Ja, Doroshka, ganz klar. Das ist der Song, der wirklich von mir erzählt. Alle anderen Songs sind ausgedachte Geschichten, aber Doroshka erzählt von meiner Zeit, wo mir der Boden unter den Füßen weggerissen wurde und ich nicht mehr wusste, ob ich jemals wieder lachen werde. Er sagt, dass alles wieder gut wird und dass das Ende des Weges immer der Anfang von einem neuen Weg ist. Daran wollte ich damals glauben und dieser Song hat mir sehr viel Kraft gegeben. Und siehe da: Alles wieder gut. Mein Leben ist so viel schöner und besser, als jemals zuvor.
Gibt es etwas, dass du dir für deine Zukunft wünschst?
Julia: Ich wünsche mir viele Ohren, die meine Musik für Große und Kleine hören. Ich wünsche mir, dass der Fluss der Kreativität niemals aufhört und ich wünsche mir, dass ich genug Zeit habe, all die Projekte umzusetzen, die ich geplant habe. Das ist gerade das Einzige, wo ich lernen muss, meine Kraft gut einzuteilen. Es wäre schade, irgendwann auf dem Sterbebett zu liegen und zu sagen: „Ach hätte ich doch.“ Deswegen haue ich rein, so gut ich kann, denn niemand weiß, wann wir gehen dürfen.
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