Bei Nacht und Nebel setzte das Bezirksamt Neukölln am heutigen Montagmorgen die Gäste und Mieter des Fantastic Foxhole im Berliner Weserkiez auf die Straße. Um kurz nach sechs Uhr wurden Berlin-Besucher und Langzeitmieter unsanft von den Mitarbeitern der Bauaufsicht und vermummten Polizisten geweckt. Die insgesamt 16 Personen wurden dazu aufgerufen, das Gebäude unverzüglich zu verlassen, da die Beherbergung über keine Baugenehmigung verfügt.
Eine reguläre Ankündigung der Wohnungsräumung durch einen Gerichtsvollzieher erfolgte vorab nicht. Pächter Hagen Wittenborn fassungslos: „Eine Schließung ohne Ankündigung in aller Früh an einem Montag durchzuführen und Studenten sowie Besucher vor die Tür zu setzen, ist ein absolutes Unding. Warum wurde dann nicht nach dem Grundsatz der Gleichheit das ganze Fabrik-Gebäude, in dem jede Etage von Studenten-WGs bewohnt wird, geräumt?“
Hausverwalter Alexander Skora hat eine Erklärung für das Timing der Behörde unter Baustadtrat Jochen Biedermann (B´90/Die GRÜNEN): „Vor der Wahl hätte man sich so ein Vorgehen nicht leisten können. Zwei Wochen später auf den Tag genau wird nun nach Nazi- und Stasi-Art morgens unter Anwendung unmittelbaren Zwangs einmarschiert. Wir leben immer noch in einem Rechtsstaat und vor allem Berlin wirbt stets damit weltoffen und gastfreundlich zu sein.“
Dem ganzen geht ein monatelanger Rechtsstreit, in dem sich die Berliner Behörde darauf beruft, dass keine Baugenehmigung für das Fantastic Foxhole vorliegt, voraus. Schon im Frühjahr wollte das Bezirksamt den Betrieb des damaligen Hostels einstellen lassen und kündigte zudem ein Zwangsgeld an. Die tatsächliche Durchführung aber blieb aus.
Pächter Hagen Wittenborn übernahm Anfang des Jahres 2017 die Räumlichkeiten des berühmten Fuchs & Elster, um mit seinem Hostel einen Anlaufpunkt für Menschen aus aller Welt zu schaffen. Und das mit Erfolg: Das Magazin American Express Essentials erklärte die Unterkunft schon nach kurzer Zeit zu den weltweit „22 Coolest New Hostels“. Nicht nur für das Hostel mit einer Kapazität von 33 Betten, sondern auch für die Reisemetropole Berlin eine Auszeichnung.
Das Bezirksamt Neukölln aber beharrte stets auf den § 59 Abs. 1 der Bauordnung Berlin. Darin heißt es: „Die Nutzungsänderung von Anlagen bedürfen der Baugenehmigung, soweit in den §§ 60 bis 62, 76 und 77 nichts anderes bestimmt ist.“ Obwohl auch das Fuchs und Elster die Immobilie, neben eines Gastronomiebetriebs, zur Beherbergung von Personen nutze und somit keine erhebliche Nutzungsänderung stattfand, zeigt sich das Bezirksamt bis heute uneinsichtig.
Für Pächter Hagen Wittenborn und Vermieter Alexander Skora ein klarer Fall von „blinder Bürokratie“. In den vergangenen Monaten legten sie gegen die Anordnungen Widerspruch und eine Anfechtungsklage ein. Auch der einst von der Behörde gewünschte „Antrag auf Nutzungsänderung“ wurde gestellt, um endgültig Ruhe in die Angelegenheit zu bringen.
Das Bezirksamt aber blieb stur und ließ den Hagen Wittenborn im Stich. Dieser dachte um und reduzierte seinen Betrieb zum 01. September 2017 vorerst auf 12 Betten. Diese müssen in Berlin bauordnungsrechtlich nicht genehmigt werden. Dennoch wurde von ihm ein Genehmigungsfreistellungsantrag gestellt, damit die Zimmer dauerhaft an Langzeitstudenten vermietet werden können. Auf diesen Antrag reagierte die Bau- und Wohnungsaufsicht bis heute nicht.
Nun ist das Fantastic Foxhole versiegelt und die Studenten und Gäste sitzen auf der Straße. Dabei wird Wohnraum für Studenten aktuell in Berlin so dringend benötigt wie noch nie.
„Mit dieser unrechtmäßigen und unnötigen Anwendung unmittelbaren Zwangs statt der vorgeschriebenen und überall von Gerichtsvollziehern praktizierten Ankündigung einer Räumung, hat die Uhr für Noch-Baustadtrat Biedermann zu ticken – so wird das auch auf Bundesebene mit einer Jamaika-Koalition nichts,“ fügt Alexander Skora hinzu.
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